Rubrik: Gesetz und Recht
(Treffer aus pharmind, Nr. 06, Seite 584 (2001))
Kleist H
Entwicklungen beim Parallelimport / Aktuelle Entscheidungen / Teil I / Kleist H
Entwicklungen beim Parallelimport
Aktuelle Entscheidungen / Teil I
RAin Dr. Holde Kleist
Rechtsanwaltssozietät Forstmann - Kleist - Collatz,
Frankfurt/Main
Bei Parallelimporten ergeben sich sowohl arzneimittel-
als auch markenrechtliche Probleme, die durch den EuGH und die nationalen
Gerichte behandelt worden sind.
Der Parallelimporteur kann durch Bezugnahme auf ein im Inland bereits
zugelassenes Arzneimittel im vereinfachten Verfahren eine Zulassung erhalten.
Dabei muß lediglich die Identität der einzelnen von ihm zu
importierenden Partie mit dem im Inland zugelassenen Arzneimittel nachgewiesen
werden. Bei einer Änderung des Lieferlandes bedarf es lediglich der
Anzeige nach § 2 9 Abs. 1 AMG bei der zuständigen Bundesoberbehörde.
Für zentral zugelassene Arzneimittel gibt es kein verbindliches Verfahren
für den Parallelimporteur. Ihm wird lediglich empfohlen, die Absicht
des Parallelimports bei der EMEA anzuzeigen.
Probleme ergeben sich bei der Kennzeichnung parallel importierter Arzneimittel,
insbesondere bei der Kennzeichnung von Blistern und kleinen Behältnissen.
Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH muß der Markeninhaber eine
Verletzung seiner Markenrechte durch den Parallelimporteur hinnehmen,
sofern dies unerläßlich ist, um den Parallelimport zu ermöglichen,
sofern der Parallelimporteur die vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen
kumulativ erfüllt. Die Rechte des Parallelimporteurs nach Art. 30
EG-Vertrag in Verbindung mit Art. 7 der Markenrechtsrichtlinie sind jedoch
begrenzt durch die Notwendigkeit, den Parallelimport zu ermöglichen.
Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt und des OLG Hamburg ist es dem
Parallelimporteur nicht erlaubt, eine neue Umverpackung herzustellen,
wenn es aus technischen Gründen möglich ist, eine Bündelpackung
herzustellen, ohne daß diese unordentlich im Sinne der
EuGH-Rechtsprechung ist.
Umgekehrt kann sich der Parallelimporteur nicht auf den Erschöpfungsgrundsatz
berufen, wenn er bei dem Umpacken unordentliche Packungen
herstellt.
Der Parallelimporteur darf beim Import eines Arzneimittels eine im Ausland
verwendete Marke durch eine im Inland verwendete Marke nur unter der Voraussetzung
ersetzen, daß dies objektiv notwendig ist, um den Parallelimport
zu ermöglichen. Eine objektive Zwangslage für den Parallelimporteur
liegt dann nicht vor, wenn die Ersetzung der Marke ihren Grund ausschließlich
darin hat, daß der Parallelimporteur einen wirtschaftlichen Vorteil
erlangen möchte.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den zulässigen Parallelimport
ist nach der EuGH-Rechtsprechung, daß der Parallelimporteur vor
dem Inverkehrbringen den Markeninhaber darüber unterrichtet. Bei
einer Verletzung dieser Vorabinformationspflicht begeht der Parallelimporteur
eine Markenverletzung, die dem Markeninhaber ein Recht auf Auskunft- und
Schadensersatz gewährt.
© ECV- Editio Cantor Verlag (Germany) 2001